Was ist Philosophie?

Die Frage: „Was ist Philosophie?“ zu beantworten ist selbst schon eine philosophische Frage. – Wenn ich anderen Menschen gegenüber erwähne, dass ich Philosophie studiere, habe ich oft den Eindruck, dass jeder etwas anderes damit verbindet. Viele Menschen reagieren aber positiv und gehen meist tiefer in das Gespräch, was für mich jedes mal wieder eine schöne Erfahrung ist! Wenn ich aber erklären müsste, was Philosophie ist, würden mir schnell die Worte ausgehen. Oder ich würde lange um den heißen Brei herumreden und nie zu einer Definition kommen. Siehe auch hier meine bisherigen Artikel zum Thema. Oder auch hier. 😀

Also was ist Philosophie? Zunächst einmal heißt Philosophie vom altgriechischen her „Liebe zur Weisheit“. Philosophen sind Menschen, die ihre Liebe zur Weisheit pflegen. Aber was heißt das konkret? Das kann ja alles mögliche bedeuten …

Ausgehend von meinem Verständnis habe ich die Philosophie in folgende drei Bereiche unterteilt: Grundhaltung, Mittel und Ziel. Selbstverständlich behaupte ich im folgenden nicht, damit die Philosophie vollständig zu beschreiben. Außerdem sind diese drei Bereiche im echten Philosophieren nicht voneinander zu trennen, sondern gehören zusammen. Aber ich glaube doch, damit dem Wesen der Philosophie recht nahe zu kommen. Also kommen wir zu erstens, der

Grundhaltung:

1. Geistige Offenheit

Die Grundhaltung besteht in meinen Augen zum ersten im wesentlichen darin, seine geistige Offenheit zu bewahren. Der Archetyp des Philosophen ist bekanntlich Sokrates. Sokrates war ein Meister in geistiger Flexibilität. Das ist auch der grundlegende Sinn seines berühmten (und so nie gesagten) Satzes: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“. Durch diese Grundhaltung wurde es ihm möglich, auf all seine Gesprächspartner individuell einzugehen und ihre Aussagen zunächst als wahr anzunehmen, um im Laufe des Gesprächs die Widersprüche in den Aussagen seiner Gesprächspartner aufzuzeigen.

2. Logik und Vernunft

Das ist auch schon das zweite Element in der philosophischen Grundhaltung: nämlich logisch und vernünftig zu denken. Das beinhaltet auch, eigenständig und kritisch zu denken. Der Philosoph oder die Philosophin widerspricht selbst den Aussagen großer Autoritäten, sofern sie nicht logisch sind und in sich Widersprüchlichkeiten aufweisen.

Das bedeutet aber auch, dass der Philosoph bereit sein muss, seine eigenen Aussagen zu revidieren, falls sie von stärkeren Argumenten entkräftet werden. Die eigenen Gedanken und Weltanschauungen entstehen
Ursachen. Philosophie muss insofern auch selbstkritisch sein und die Ursachen und Bedingungen ihrer Schlüsse erkennen und analysieren. Das ist es im Grunde genommen, was Kant getan hat, als er nach den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnissen fragte.

Mittel:

Ein zentrales Mittel ist natürlich das Denken, was ich jetzt zur Grundhaltung zugeordnet habe. Darüber hinaus gibt es drei Werkzeuge, mit denen die Philosophie arbeitet.

1. der Dialog

Wie oben schon angedeutet, ist von jeher das Gespräch zwischen Menschen im Zentrum. So sieht Platon zum Beispiel seine Dialoge nur als Hilfsmittel, aber worum es ihm ernst war, war der echte Austausch und die Diskussion mit seinen Schülern. Der Dialog bietet in meinen Augen für beide Seiten am meisten Chancen, dazu zu lernen und auch seine Ansicht zu einem bestimmten Thema zu ändern, falls die Argumente oder die Evidenzen des Gegenübers besser sind.

2. schreiben und lesen

Mit der zunehmenden Alphabetisierung kamen philosophische Texte raus aus den Adelshäusern und den Klöstern und heute sind sie sehr vielen Menschen zugänglich. Das war nicht immer so. Früher mussten die Texte noch mühselig abgeschrieben werden und es gab im Gegensatz zu heute vergleichsweise wenige Texte. Darum war früher eine intensive Auseinandersetzung mit den Klassikern fast unumgänglich, wenn man lesen und schreiben konnte und am gelehrten Diskurs teilnehmen wollte.

Und noch heute sind lesen und schreiben für profundes Philosophieren unerlässlich. Zwar kann man auch durch reines eigenständiges Denken zu interessanten Schlüssen kommen, aber es wäre doch schade, wenn man dafür viel Zeit und Kraft aufgewendet hat, nur um eines Tages festzustellen, dass diese Gedanken schon mal (und vielleicht sogar gründlicher) gedacht worden sind. Man sollte meiner Meinung nach hier eine gewisse Balance bewahren: es wäre ebenso falsch aus Ehrfurcht vor den Klassikern keine eigenständige Gedanken mehr zu fassen, wie es umgekehrt falsch wäre, auf alles Vorherige zu pfeifen und so die Vergangenheit zu missachten – ein gesundes Mittelmaß tut’s.

Eins noch: ich empfinde Bücher als eine unglaubliche Bereicherung meines Lebens. Ich lese sie, weil es Spaß macht, neue Sichtweisen zu erfahren, nicht weil ich denke, ich muss sie lesen, um ein guter Philosoph zu sein.

3. Lebensführung

Dieser Punkt wird meistens unterschätzt. Philosophie besteht nicht nur in schönen Gedanken, sondern hat auch den Anspruch, diese schönen Gedanken zu leben (si. Ziele). Dazu gehören alle möglichen Formen von Übungen, Meditationen, Diäten und Verhaltensregeln. Ich habe auch einen Artikel zu diesem Thema geschrieben. Leider wird Philosophie meist als etwas Elfenbeinturmartiges wahrgenommen. Hier hat die Philosophie in meinen Augen etwas Substanzielles missachtet: dass zu philosophieren auch immer heißt, die Philosophie zu leben und zu verkörpern. Wo Gedanke, Rede und Tat auseinanderfallen, kann nicht von Integrität die Rede sein. Welche Lebensführung favorisiert wird, ist freilich Sache des einzelnen.

Ziel:

Das Ziel der Philosophie lässt sich mit zwei Stichworten umreißen: Weisheit und Glück.

1. Weisheit

Weisheit trägt die Philosophie ja schon im Namen, aber was bedeutet Weisheit? Weisheit leitet sich etymologisch vom selben Wortstamm ab wie Wissen. Ganz grundlegend geht es der Philosophie darum, wahre Erkenntnisse zu haben. Das kann nun sein im Bereich der Logik, der Ethik, der politischen Philosophie, der Naturphilosophie etc. … Darüber hinaus geht es ebenfalls um eine praktische, angewandte Weisheit und Menschenkunde. Denn Weisheit bedeutet mehr als bloß Erkenntnis, sie bedeutet auch, diese Erkenntnisse so zu verinnerlichen, dass sie zu einem glücklichen Leben führen, für sich selbst und für andere.

2. Glück

Damit haben wir auch schon das zweite Ziel, nämlich das Glück. Über diesen Begriff könnte man sich sicherlich streiten, aber was ich damit zusammenfassen möchte, ist die Frage nach dem guten oder dem gelungenen Leben. Manche Philosophen, wie Nietzsche, stellen nicht das Glück in den Vordergrund, sondern das Werk. Ich denke, dass man auch ein unglückliches und z.B. auf das Schaffen ausgerichtetes Leben als gelungenes Leben bezeichnen kann. Vielleicht könnte man statt von Glück auch von Sinn oder von Vervollkommnung sprechen. Ich persönlich finde es jedenfalls wichtig, diesen Aspekt der Philosophie wieder  in den Fokus zu rücken, wie ich es oben schon bei der Lebensführung angedeutet hatte.

Was Philosophie heute ist

Nicht zuletzt findet die heutige Philosophie nicht im luftleeren Raum statt, sondern befindet sich in einer besonders spannenden und anspruchsvollen Phase. Sie hat nämlich heute die Aufgabe, die verschiedenen Wissensbereiche (Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, Technik, Wirtschaft, Politik, Religion, Alltag etc.) zusammen zu denken! Die Aufgabe des Augenblicks besteht darin, dem Menschen durch eine gelungene Integration die fragmentierte und zersplitterte Welt wieder zugänglicher zu machen. Es geht darum, sich durch den Gebrauch der Vernunft wieder Orientierung zu verschaffen.

Das schöne an der Philosophie ist, dass sie nicht aufhört und dass sie sehr facettenreich, vielfältig und tiefgehend ist. Es gibt zu jeder Position eine Gegenposition. Sie ist nichts Abgeschlossenes, sondern befindet sich im Prozess. Insofern sind meine Betrachtungen selbstverständlich nicht als abschließende zu verstehen, sondern selber Teil dieses Prozesses. 😉

1 Gedanke zu „Was ist Philosophie?“

  1. Ich schätze die Philosophie, die Einzelphilosophiebereiche, die Wissenschaften in ihren Einzelbereichen und selbstverständlich den christlichen Glauben. Was ich nicht glauben kann, ist der Glaube, dass Menschen, wenn sie mit einer dieser bekannten sieben läppischen Todsünden ganz plötzlich versterben, ohne aber rechtzeitig noch von einem Priester im Beichtstuhl von den Todsünden frei oder los gesprochen zu werden, in die ewige Hölle kommen und dort ewig dafür zu büßen haben. Wie können diese sieben Todsünden überhaupt so furchtbar sein? Warum sollte man überhaupt nur von einem Priestern und das auch nur im Leben, also noch rechtzeitig vor dem Tod, erlöst werden können und nach dem Tod nicht mehr? Außerdem wenn es eine ewige Hölle geben soll, wie könnte dann aber Gott noch gerecht, barmherzig und liebend sein? Alles das kann unmöglich richtig sein. Das Gott die Welt erschaffen hat, ist richtig. Dass Gott die Welt aus nichts im absoluten Sinne die Welt erschaffen hat, ist logisch falsch, weil aus dem absoluten Nichts kann nur nichts herauskommen. Da es aber was gibt, darum kann es logisch nur relatives Nichts geben. Aber woher kommt Gott und das relative Nichts und wie muss man sich Gott und das relative Nichts am besten abstrakt denken? Damit was da sein kann, muss es größer sein, als die Größe null. Nichts ist also eine Nullgröße und da nun was existiert, kann es logisch somit gar keine Nullgröße geben und alle Größen müssen daher unendlich groß sein. Wenn das Nichts eine Nullgröße, also keine Größe ist, dann muss jedes Etwas also als Gegenteil eine unendliche Größe sein. Da alles was es gibt, Eigenschaften oder Möglichkeiten sind und es keine Nullgröße von Eigenschaften oder Möglichkeiten geben kann, dann muss es logisch auch eine Allmacht oder Gott geben! Relatives Nichts sind Wahrnehmungsgrenzen zum Großen, als auch zum Kleinen. Außerdem sind ja über unendlich viele Unendlichkeitsschichten mathematisch denkbar, was auch ein Grund darstellt für die Existenz des unendlich großen relativen Nichts, das man mit Gott gleichsetzen muss!

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